Stadtarchiv Dortmund
Interview mit Sören Spoo und Frank Reineke
Bitte stellen Sie sich und Ihre Arbeit kurz vor.
Sören Spoo: Ich bin Leiter der Kommunikation der Stadt Dortmund und damit zuständig für die Medien- und Pressearbeit, für die externe Kommunikation über Webseiten, Videos und Social Media bis hin zur internen Kommunikation. Darüber hinaus beschäftigen uns einige Spezialthemen, gerade z.B. die „EURO 2024“.
Frank Reineke: Ich bin zuständig für die technische Administration, da geht es unter anderem darum, Webseiten und Infrastrukturen aufzubauen und zu verwalten. Darüber hinaus bin ich für die Einführung von neuen CMS-Systemen zuständig. Die gesamte Server-Administration liegt in meinen Händen – dortmund.de ist seit 2001 mein Baby.
Was war der Anlass für Sie, sich intensiv mit dem Thema Webseitenarchivierung auseinanderzusetzen und wie sind Sie vorgegangen, um sich am Markt nach passenden Lösungen umzuschauen?
Sören Spoo: Anlass war der Relaunch von dortmund.de. Ende 2022 haben wir mit dem umfassendsten Relaunch von dortmund.de seit Bestehen der Seite, also Mitte der 90er Jahre, begonnen. Wir haben radikal umgebaut und die Struktur neu konzipiert, weg von dem üblichen Organigramm-Charakter und der Aufteilung der Seiten nach Fachbereichen, Dezernaten und Ämtern. Der neue Aufbau und die Themen orientieren sich an den Bedürfnissen unserer User. Durch den Relaunch ist unsere Webseite dortmund.de mittlerweile unser primärer Kommunikationskanal geworden. Alles, was wir kommunizieren und publizieren, ist hier zu finden. In diesem Prozess kam gemeinsam mit dem Stadtarchiv der Gedanke auf, den derzeitigen Stand der Webseite langfristig zu archivieren. Dies soll dann aber nicht nur einmal geschehen, sondern auch in Zukunft regelmäßig. Nur so versprechen wir uns ein umfassendes Abbild der jüngeren digitalen Stadtgeschichte.
Frank Reineke: Das Stadtarchiv hat die Aufgabe, Informationen und Fakten zu speichern – da spielt auch unsere Webseite eine Rolle. Als technischer Administrator von dortmund.de bin ich angesprochen worden, ob wir im Bereich der Webseitenarchivierung bereits Erfahrungen haben. Keine Option war hier die Wayback Machine, also eine Lösung, bei der man Seiten, die gecrawlt wurden, noch im Internet anschauen kann, bei der jedoch immer wieder viele Informationen fehlen. Grundsätzlich haben wir zuerst bei uns selbst geschaut. Wir haben damals die Software HTTrack genutzt, mit der man Webseiten crawlen kann. Das funktioniert in gewissen Bereichen ganz gut. Unser Anspruch ist jedoch, eine nachhaltige Lösung zu finden, die auch in 10 Jahren noch funktionieren muss. Wir wussten bereits aus Erfahrung, dass andere Techniken bestimmte Inhalte nicht mehr darstellen können. Das war und ist uns und dem Stadtarchiv aber wichtig. Ein Handwerker kann seinen Kindern auch Jahrzehnte später noch zeigen, was er früher geschaffen hat. Das ist im Bereich der Programmierung und Webseitenprogrammierung leider anders. Aus dem Grund haben wir uns für eine Technik in der Archivierung entschieden, die nicht nur Informationen, sondern auch das Look-and-Feel in 10 Jahren darstellen kann.Weil wir innerhalb der IT während des Relaunches sehr beschäftigt waren, hat ads Stadtarchiv nach passender Technik und Anbietern recherchiert. Gemeinsam haben wir uns die verschiedenen Optionen vorstellen lassen und uns vor allem die technische Basis angeschaut. Im Zuge dessen fiel die Wahl klar auf die Lösung von Walter Nagel.
Sie hatten einen Relaunch Ihrer städtischen Webseite und diese glücklicherweise vorab archiviert. Können Sie einmal die Situation beschreiben, warum dies für Sie und Ihre KollegInnen so wertvoll gewesen ist?
Sören Spoo: Die Webseite ist das wichtigste Kommunikationsmittel der Kommune. Wir wollten also diesen Meilenstein festhalten. Das ist die gesellschaftliche Komponente. Darüber hinaus ist die Archivierung der Webseite natürlich auch intern für uns sehr wichtig. Wir nutzen die archivierten Seiten als Fallback-Ebene, können schauen, welche Inhalte wir hatten und vergleichen, sowie auf Dokumente zugreifen, die wir intern noch benötigen.
Ich sehe einen großen Nutzen der archivierten Webseiten auch als zeitgeschichtliches Dokument: Die Inhalte auf der Webseite erstrecken sich von aktuellen Nachrichten im Tagesgeschehen bis hin zu allen wichtigen Infos und Themen der Kommune. Alles, was in und für eine Stadt wichtig ist, von Lokalpolitik über Kultur, Familie, Freizeit, Sport, Bauen, Planen, Wohnen, Verkehr, etc. ist auf der Webseite untergebracht und durch die Archivierung festgehalten. Somit ist die Webseite komprimiert das umfassendste und detaillierteste zeitgeschichtliche Dokument, das wir haben. Der Zeitpunkt war reif, die Webseiten zu archivieren. Hätten wir früher damit begonnen, dann hätten wir eine noch viel umfassendere zeitgeschichtliche Dokumentation, auf die spätere Generationen blicken können.
Frank Reineke: Im Zuge des Relaunches mussten sich alle Nutzerinnen und Nutzer mit den neuen Inhalten und dem neuen Auftritt vertraut machen. Die neue Webseite hatte eine neue Struktur, eine neue Wirkung, einen neuen Aufbau und auch eine neue Navigation. Auch, wenn alle abgesprochenen Inhalte auf der neuen Webseite vorhanden waren, bestand eine gewisse Sorge, dass vielleicht nicht alle vertrauten und wichtigen Informationen für die Fachbereiche zur Verfügung stehen würden. Dass wir die Webseite vor dem Relaunch archiviert haben, war in diesem Zusammenhang von großem Vorteil. Im direkten Kontakt zu Herrn Schilling von Walter Nagel konnten wir klären, dass ein schneller und unkomplizierter Zugriff auf die alten Versionen möglich ist. Optimal war auch, dass die Fachbereiche mit Unterstützung durch unsere Projektbetreuer gezeigt bekamen, wie sie auf die alte Version zugreifen können, um die Inhalte abgleichen zu können. Über einen einfachen Link kann nochmal auf die alten Inhalte und Strukturen zugegriffen und die Inhalte der alten Version der neuen Version gegenübergestellt werden. Das hat uns und den Projektbetreuern sehr geholfen im gesamten Umgang und der Nutzung nach dem Relaunch.
Woran machen Sie den Erfolg des Projektes fest?
Sören Spoo: Es steht einfach alles zur Verfügung und ist anklickbar. Die Vollständigkeit und Funktionalität ist unser Qualitätsanspruch, der erfüllt wurde. Die archivierten Webseiten, und das begeistert mich, stellen komprimierte, zeitgeschichtliche Dokumente dar, auf die wir einfach und zuverlässig zugreifen können.
Frank Reineke: Es gab Bereiche, über die wir uns Gedanken gemacht haben, ob sie so funktionieren werden, wie z.B., ob die Downloads wie PDF‘s bei der Archivierung mitgenommen werden können oder die Funktionalität einzelner Links. Dies hängt immer von der Art und Weise der Programmierung der Webseiten ab und dies konnten wir lösen. Die Downloads sind mit dabei, so dass wir und das Projektmanagement sehr zufrieden sind. Bereits am Anfang des Projekts haben wir einen deutlichen internen Nutzen durch die zahlreichen Zugriffe auf das System verspürt. Auf die archivierten Webseiten wird von verschiedensten Fachbereichen regelmäßig zugegriffen. Darüber hinaus ist die Überlegung entstanden, auch den Bürgerinnen und Bürgern die archivierten Informationen über ein öffentliches Webseitenarchiv zur Nutzung zur Verfügung zu stellen. Ähnlich dem Vorbild des Stadt- und Stiftsarchiv Aschaffenburg wollen wir die Inhalte als zeitgeschichtliche Dokumente online verfügbar machen. Hierfür müssen wir überlegen, wie genau wir das umsetzen wollen.
Welche 3 Vorteile unserer Lösung überzeugen Sie am meisten und planen Sie, das Projekt perspektivisch zu erweitern?
Sören Spoo: Für mich war z.B. die Kurzfristigkeit, mit der die Archivierung umgesetzt werden konnte, ein klarer Vorteil. Wir waren kurz davor, Inhalte zu verlieren. Ich sehe auch den Kosten-Nutzen-Faktor als großen Vorteil, die Kosten sind absolut im Rahmen. Ein dritter Vorteil ist das Feedback der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie unkompliziert der Zugriff auf die archivierten Seiten möglich ist. Wir planen, die Archivierung auszuweiten und eine Regelmäßigkeit in diese genutzte Dienstleistung einzubringen. Es ist sicherlich interessant, sich hier mit dem Stadtarchiv zusammenzusetzen und zu besprechen, wie wir das Ganze in Zukunft angehen wollen.
Frank Reineke: Ich kann nur zustimmen. Die Prozesse waren alle sehr kurz und reibungslos, wir hatten gemeinsam mit Herrn Schilling kurze und effektive Gespräche, und unsere Anliegen wurden schnell umgesetzt. Ein besonderer Vorteil war, dass die archivierten Webseiten in der Phase der Umsetzung genutzt werden konnten. Dies war vorab so nicht geplant, es sollte ja ursprünglich einfach nur ein Archiv sein. Stattdessen bekamen wir ein System, das jedem schnell Zugriff gewährt, unabhängig vom Eingabegerät – das ist ein deutlicher Vorteil aus meiner technischen Sicht. Perspektivisch können wir auf diese Weise vielleicht auch die Bürgerneugier stillen und den Dortmunderinnen und Dortmundern über den öffentlichen Zugriff die Möglichkeit geben, eigenständig zu recherchieren, wie der städtische Webauftritt vor 5 Jahren, vor 10 Jahren und vor 20 Jahren aussah, um so auch an die digitale Zeitgeschichte zu erinnern.